Mein Objekt Nummer 2: Bauen in der Bauherrengemeinschaft

Schon wieder ein Neubau? Ja, auch mein zweites Objekt ist ein Neubau. Aber diesmal wird alles besser. Dieses Objekt macht wirklich Spaß. Und es gibt auch keinen Bauträger!

Wie alles begann

Angefangen hat alles im April 2015. Mein damaliger Chef ist in Tübingen gut vernetzt, also dachte ich, es wäre eine gute Idee ihn zu fragen, ob er einen guten Makler kenne. Statt der erhofften Empfehlung hat mein Chef sich aber darüber ausgelassen, was für ein Pack die Makler doch seien. Als Immobilieninvestor sehe ich das etwas differenzierter1 und war überrascht, dass er sich so der „Volksmeinung“ hingab. Aber, wenn ich was mit Immobilien machen möchte, solle ich doch in einer Baugruppe mitmachen. Und da hat er mich gleich an jemanden empfohlen.

Bauherrengemeinschaft

Bei einer Bauherrengemeinschaft finden sich Bauwillige zusammen, die gemeinsam ein Haus bauen wollen. Ohne Bauträger. Bei uns sind es für 11 Wohnungen 10 Partien. Damit das nicht ganz so chaotisch wird, wie es sich vielleicht im ersten Moment anhört, gibt es einen Projektsteuerer. Hier ist es natürlich sehr wichtig, jemand mit genügend Erfahrung und Kontakten zu haben. Der Projektsteuerer leitet die Sitzungen, macht Ausschreibungen, spricht mit der Stadt und anderen Baugruppen. Er macht einen Großteil der Arbeit die sonst ein Bauträger machen würde. Aber: Entscheiden tut die Bauherrengemeinschaft per Abstimmungung. Und das Kostenrisiko liegt auch bei der Bauherrengemeinschaft. Man muss sich klar machen: Das ist kein Kaufen sondern das ist Bauen.

Alter Güterbahnhof

Bauherrengemeinschaften sind mittlerweile in immer mehr Städten beliebt. Heidelberg ist hier groß dabei und auch in Tübingen ist es mittlerweile ein sehr eingespieltes und erfolgreiches Modell. Wenn ein neues Stadtviertel „gegründet“ wird, wird mindestens ein Teil der Flächen an Baugemeinschaften vergeben. Die Vergabe erfolgt dabei nicht an den, der das meiste bezahlt, sondern an die besten Konzepte. Es soll ein „Wettbewerb der Ideen, nicht des Kapitals“ sein. So verwundert es nicht, dass viele der Nachbarbaugemeinschaften soziale Komponenten wie Flüchtlingswohnungen, Generationenhaus oder ähnliche Dinge aufweisen. Auch Eigennutzung ist natürlich sehr gewünscht. Insgesamt soll so ein gesundes, gemischtes neues Wohnviertel entstehen.

Unsere Baugemeinschaft

Ich habe hier das große Glück gehabt, an eine Investorengemeinschaft geraten zu sein. Von den 10 Partien gibt es einen, der selbst einziehen möchte, ein oder zwei, die es sich überlegen oder als „Alterssitz“ vorstellen können. Ansonsten alles Investoren. Das haben wir auch von Anfang an so offen kommuniziert. Natürlich nicht unbedingt mit Worten wie „renditeorientiert“ sondern eher mit „Investieren in die Heimat“. Unsere soziale Komponente ist das Gewerbe im Erdgeschoss. Das Gewerbe im Erdgeschoss ist ohnehin vorgeschrieben und wir konnten schon für unsere Projektbewerbung einen angesehenen Sozialträger als zukünftigen Mieter gewinnen. Und da die Stadt sich hier ohnehin Gewerbe mit Publikumsverkehr (statt Büroräume) wünscht, konnten wir mit dem sozialen Partner punkten. Tatsächlich wird das für den Sozialträger auch eine sehr günstige Miete. Dafür werden wir auch einen 15-jährigen Mietvertrag abschließen, so dass das Gewerbe nicht der große Renditebringer wird, sich aber immerhin in etwa selbst tragen wird.

Warum wir ausgewählt wurden

Das Interesse war übrigens riesig: Es gab drei Mal so viele Bewerbungen als es Bauplätze gab und auch die einzelnen Baugruppen hatten Leute die Schlange standen. Egal ob Bank, Finanzierungsvermittler oder Steuerberater: „Falls bei Ihnen noch ein Platz frei wird…“ habe ich mehr als einmal gehört. Beinahe hätten wir es auch nicht geschafft, aber letztlich haben drei Dinge für uns gesprochen: Wir haben uns auf alle Bauplätze beworben, wir haben einen anerkannten sozialen Partner fürs Gewerbe und nicht zuletzt: Unser Team aus Architekten und Projektsteuerung ist bei der Stadt bekannt und genießt Vertrauen, dass das Projekt auch wie geplant zu Ende geführt werden wird. Denn die Stadt hat natürlich auch kein Interesse daran, dass die am tollsten und super sozialsten klingenden Projekte dann am Ende nur zu Bauruinen führen.

Die Lage

Mit den Eisenbahngleisen im Norden und der Bundesstraße im Süden ist es sicher nicht das aller ruhigste Wohngebiet. Aber es ist sehr, sehr zentral. In fünf Minuten ist man schon zu Fuß am Beginn der Altstadt. Viel zentraler kann man in einem Bau aus den letzten 50 Jahren in Tübingen nicht wohnen. Und durch das durchdachte Konzept wird auch hier ein schönes lebendiges Wohnviertel entstehen.

Meine Wohnung

Insgesamt gibt es bei uns elf Wohnungen. Drei in den „Regelstockwerken“ 1.OG bis 3.OG und zwei Penthousewohnungen im 4.OG. Das EG ist wie schon erwähnt Gewerbe. Bei den drei Wohnungen in einem Regelstockwerk gibt es zwei Dreizimmerwohnungen, die eine Zweizimmerwohnung in der Mitte umschließen. Ich habe mich damals für eine Zweizimmerwohnung entschieden, da ich davon ausging, dass ich 20% Eigenkapital mitbringen muss und ich mich nicht in Schwierigkeiten bringen wollte. Außerdem war die Zweizimmerwohnung intern am niedrigsten bewertet, weil sie nur auf einer Seite Fenster hat. Dazu gibt es noch eine Aufteilung, so dass die Wohnungen von unten nach oben teurer werden. Insbesondere der letzte Punkt ist sicher gerecht, wenn es um den Verkaufswert geht.

Da ich aber plane langfristig zu vermieten, ist mir die Mietrendite wichtiger, so dass ich mich für die Zweizimmerwohnung im 1.OG entschieden habe, da ich glaube, diese zum gleichen Preis vermieten zu können, wie es bei der Wohnung im 3.OG der Fall wäre.

In einem Gespräch mit dem Geschäftsführer von Krams (siehe mein ersten Objekt) konnte er es gar nicht glauben, dass die kleinste Wohnung am niedrigsten bewertet ist. Er meinte, je kleiner die Wohnung, desto höher der Quadratmeterpreis. Ich denke ich habe mir nicht die schlechteste Wohnung rausgesucht. Aber ich glaube jeder in unserer Gemeinschaft ist glücklich mit seiner Wahl. Tatsächlich gab es nur eine Wohnung, die zwei Leute habe wollten.

Das Gewerbe

Da wir keinen Investor finden konnten, der das gesamte Erdgeschoss übernehmen wollte, wird das Gewerbe sozusagen als Pflichtanteil aufgeteilt. Jeder bekommt und zahlt für soviel Gewerbe, wie es seinem Anteil am restlichen Gebäude entspricht. Entsprechend ist das dann auch um Grundbuch abgebildet. Selbstverständlich hat jeder sein Sondereigentum für die Wohnungen. Auch das Gewerbe ist Sondereigentum, aber hier gibt es dann eben zehn Eigentümer mit den entsprechenden Anteilen. Die Vermietung wird dann über eine GBR abgebildet.

Baukosten

Genug der Worten, jetzt kommen die ersten Zahlen. Selbstverständlich nur Planungszahlen, aber diese haben sich bisher als sehr zuverlässig erwiesen.

Zielkosten pro m² (meine Wohnung) 2.884 €
Zielkosten meiner 42,95m² Wohnung 133.163 €
Zielkosten pro m² (Erdgeschoss) 2.622 €
Mein Kostenanteil Erdgeschoss 30.210 €

Die Zahlen beruhen auf den Erfahrungen unserer Architekten und Projektsteuerer aus vergangen Projekten mit einer Anpassung für die aktuelle Marktentwicklung. Bisher scheint die Planung gut hinzukommen. Mit der Vergabe der Rohbauarbeiten ist jetzt schon ein großer Batzen gesichert. Manche Gewerke sind günstiger als geplant, andere teurer, sodass wir bisher super im Plan liegen.

Nebenkosten

Die Baunebenkosten wie Architekten, Planer, Projektsteuer usw. sind schon in den Bauzielkosten enthalten. Grunderwerbssteuer fällt nur auf das Grundstück an, weil ja kein fertiges Objekt vom Bauträger gekauft wird2. Notarkosten für Teilungserklärung und Eigentumseintragung übernimmt die Gemeinschaft und ist daher auch schon in den Zielkosten mit eingerechnet.

Man mag es kaum glauben, aber die einzigen Nebenkosten, die ich selbst (direkt) tragen muss, sind die Kosten, die durch die Eintragung der Grundschuld entstehen. In meinem Fall waren das 833 €.

Finanzierung

Bevor ich auf die Details der Finanzierung eingehe, zuerst ein paar grundlegende Infos zur Finanzierung von Baugruppenprojekten.

Grundlegendes zur Finanzierung bei Baugruppen

Für die Finanzierung kommt bei einem Baugruppenprojekt eigentlich nur eine lokale Bank in Betracht, da es im Projektverlauf durchaus so einige Besonderheiten gibt. Es fängt schon damit an, dass es keine Rechnungen gibt, die man bei der Bank einreichen kann, da es ja keinen Bauträger gibt, der eine Rechnung schreibt. Statt dessen gibt es „Zahlungsaufforderungen“, die auf Beschluss der Versammlung an alle Baugruppenmitglieder verschickt werden und zu deren Zahlung sich die Mitglieder verpflichtet haben.

Ein alter Baugruppenhase hat mir von jemandem erzählt, der bei einer Online-Bank finanziert hatte. Die hat die Zahlungsanforderungen nicht akzeptiert, weil sie das Modell nicht gut genug kannten. Die Konsequenz war, dass dieser arme Mensch alle einzelnen Handwerkerrechnungen einreichen musste.

Auch kann es durchaus passieren, dass Geld benötigt wird, bevor die Grundbücher erstellt sind und damit beliehen werden können. Während die lokale Bank die Situation kennt, da sie außer mir vermutlich noch 20 bis 70 andere Kunden hat, die auch am Güterbahnhof mit bauen, würde eine Online-Bank hier vermutlich schnell meinen Geisteszustand anzweifeln. Natürlich macht die lokale Bank das auch nicht gratis und der Kredit würde dann statt 2% vielleicht 5% kosten, bis er besichert wird, was für ein paar Monate aber kein Problem ist. Viel wichtiger ist, dass das Geld bis dahin nicht ausgeht. Da ist es schon ein gutes Gefühl, wenn der Bänker sagt: „Kein Problem, das bekommen wir schon hin, ist ja bei allen so“.

Glücklicherweise hat unser Eigenkapital ausgereicht, um alle Zahlungen bis zur Fertigstellung der Grundbücher zu decken, so dass wir uns den teuren Kredit sparen konnten. Auch ein Grund, warum ich meine Entscheidung für die kleine Wohnung nicht bereue.

Geschichte meines Kredits

Baugemeinschaften sind eine Sache für Leute mit Geduld. Wie schon erwähnt, bin ich mit meiner Gruppe im April 2015 in Kontakt gekommen. Jetzt, im August 2017, wird die Baustelle gerade eingerichtet. So bin ich auch schon lange mit Banken wegen dieses Projekts in Kontakt. Natürlich muss ich zuerst wissen, dass die Bank dieses Projekt finanzieren wird, bevor ich verbindlich bei der Baugruppe zusagen kann. Das ist dann aber ein Zeitpunkt, von dem an sich viele Dinge noch ändern. Mein Finanzierungsmodell hat also schon eine ganze Reihe von Iterationen hinter sich, bevor ich Ende letzten Jahres unterschrieben habe.

Die Bank, die mich hier von Anfang an begleitet hat, hat mir gesagt: Unter 20% EK geht nichts, weil ich durch die 100%-Finanzierung des ersten Objekts schon etwas Blanko3 habe. Wenn da jetzt noch mehr Blanko von diesem Kredit dazu kommt, dann wird es der Bank zu viel. Insbesondere, da das Gewerbe gar nicht als Sicherung zählt.

Dass wir in der Baugruppe deutlich unter Marktwert bauen, da die Gewinnmarge des Bauträgers hier weg fällt und wir zusätzliche (ohne Mietpreisbindung oder ähnlichem) zu sozialen Preisen das Grundstück kaufen, spielt für die Bank keine Rolle. Natürlich hätte die Bank auch ein 500 € / m² teureres Objekt vom Bauträger zu gleichen Konditionen finanziert. Aber hier gilt das Niedrigstwertprinzip. Für die Sicherheit zählt der kleinere Wert aus Kaufpreis (bzw Baukosten) und geschätztem Marktwert. Das fand ich damals super fies und auch überhaupt nicht logisch. Mittlerweile weiß ich, dass das Gesetzt ist. Nicht, dass es dadurch viel logischer werden würde…

Die letzte komplette Neugestaltung meines Finanzierungskonstrukts gab es dann, als ich erfahren habe, dass wir uns für einen KFW55-Kredit qualifizieren können. Die Mehrkosten, die hierfür entstehen, sind für meine Wohnung bei guten 2000 € (plus Anteil Gewerbe). Da es neben den recht guten Kreditkonditionen bei KFW55 auch noch 5000 € Tilgungszuschuss gibt, war die Diskussion vor der entsprechenden Abstimmung in der Baugruppe sehr kurz.

Noch einmal ein letztes Vergleichsangebot einholen

Kurz bevor ich abschließen wollte, habe ich mir dann noch ein letztes Vergleichsangebot geholt. Und zwar bei einem LBS-Finanzierungsvermittler. Ich habe mir hier nicht allzu viel davon versprochen, weil ich wegen des gleichen Projekts schon bei zwei Sparkassen war. Einmal wurde ich von einem recht unerfahren Mitarbeiter beraten und das andere mal, hat es auch geheißen 20% EK. Nun bin ich aber auf Empfehlung noch zu diesem Finanzierungsvermittler und siehe da: 100%-Finanzierung zu besseren Konditionen als bei der Bank, die mich von Anfang an beraten hat. Überraschenderweise bei der gleichen Sparkasse, die mir zuvor gesagt hatte: 20%EK. Kommt also immer drauf an wer anfragt.

Ich habe also dem Bänker, der mich seit fast zwei Jahren begleitet telefonisch abgesagt. Ich habe ihm gesagt, dass es mir sehr Leid tut, und ich wegen der wenigen Zehntel besseren Konditionen vermutlich nicht abgewandert wäre, aber die 100%-Finanzierung ist ein unschlagbares Argument. Ich hoffe, dass ich ein anderes Mal diesen Bänker für seine Dienste mit einem Abschluss belohnen kann. Aber vermutlich nicht all zu bald, weil jetzt habe ich ja noch mehr Blanko.

Finanzierungsstruktur

Und so sieht meine Finanzierung nun aus:

Die finanzierte Summe ist 154.000 €, 100.000 € davon als KFW55-Kredit, der Rest als Annuitätendarlehen.

Der KFW55-Kredit

Beim KFW55-Kredit habe ich mich für die deutlich teurere Variante mit 20 Jahren Zinsbindung entschieden. Das sind die Konditionen:

Betrag 100.000 €
Sollzins 1,75 %
Zinsbindung 20 Jahre
Monatliche Rate 377 €
Anfängliche Tilgung 2,77%

Sollten die Zinsen in 10 Jahren deutlich teurer sein und die Immopreise dadurch stark sinken, dann möchte ich keine Probleme bekommen. Ich habe hier keinen Grenzzinssatz für die Anschlussfinanzierung ausgerechnet. Im Zweifel zahle ich hier also einen kleinen Aufschlag für meinen guten Schlaf. Das ist es definitiv wert!

Das Annuitätendarlehen

Durch die große Sicherheit mit der langen Zinsbindung des KFW-Kredits, habe ich hier auf die lange Festschreibung per Bausparvertrag verzichtet und mich für das günstigere Annuitätendarlehen entschieden. Die hohe Tilgung ist wohl dem zu Beginn recht hohen Blanko geschuldet. Die Bank möchte schnell aus dem Risiko raus.

Betrag 54.000 €
Sollzins 1,25 %
Zinsbindung 10 Jahre
Monatliche Rate 188 €
Anfängliche Tilgung 2,92%

Nach 10 Jahren sind dann noch 37.198 € von diesem Kredit übrig. Hierfür eine Anschlussfinanzierung zu finden, sollte auch bei höheren Zinsen gut möglich sein und meine Gesamtrate nicht allzu sehr belasten.

Mieteinnahmen

Hier wird es spannend. Da wir uns in unserer Bewerbung nicht zu besonders niedrigen Mieten verpflichtet haben, können wir für die Wohnungen ganz normale Marktmieten nehmen. Unserem Mieter der Gewerberäume hingegen haben wir hingegen eine günstige Miete zugesagt.

Gewerbe

Für das Gewerbe ist die Sache recht einfach. Hier rechne ich für meinen Anteil mit 101 € Mieteinnahmen  – das sind 4% Bruttorendite. Für Gewerbe ist das sehr günstig.

Wohnung

Deutlich schwieriger zu schätzen wird die Miete für die Wohnung. Als konservative Schätzung habe ich mal mit dem Mietspiegel für 2016 gerechnet. Der Tübinger Mietspiegel berücksichtigt sehr viele Details. Zusätzlich sieht der Mietspiegel in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung um 14% nach oben oder unten vor. Hier habe ich einen Aufschlag von 10% vorgenommen, wegen der großen Nähe zur Altstadt und Erstbezug/Neubau. Damit komme ich dann auf 12,65 € pro Quadratmeter bzw. 543 € für die Wohnung. Damit werde ich später weiter rechnen, aber an dieser Stelle erst noch eine Einordnung der Miete.

Deutlich Luft nach oben

Ich habe bei einer Maklerin angerufen, die eine 4-Zimmer-Wohnung sicherlich 30 oder 40 Jahre alt deutlich weiter weg vom Zentrum als unser Objekt für 13€/m² eingestellt hatte. Ich habe sie gefragt, ob die die 13€ wirklich durchsetzen möchte, weil mir das doch etwas viel erschien, für eine recht simple Wohnung ohne besondere Extras. Sie lachte und meinte sie habe sehr viele Anfragen, das sei ohne jeden Zweifel der Preis. Interessenten hätten sogar schon mehr Miete geboten. Aber darauf gehe sie natürlich auch nicht ein. Berücksichtigt man jetzt noch Alter und Zentrumsnähe sind für meine Wohnung sicher mehr als 13€/m² drin. Und berücksichtigt man noch die Größe wird es noch krasser: Eine 40 m² Zwei-Zimmer-Wohnung ist laut Mietspiegel fast 2 € teurer als eine 80 m² Vier-Zimmer-Wohnung.

Dazu kommt: Diese Wohnung, bei der ich angerufen habe, war kein Einzelfall. Es war nicht unbedingt die günstigste auf Immoscout, aber ganz sicher auch nicht das Ende der Fahnenstange.

Außerdem möchte ich möbliert vermieten. Das ist für eine Zweizimmerwohnung, in der alle zwei, drei Jahre wechselnde Post-Docs wohnen könnten sehr ideal. Durch die Vermietung an Post-Docs hätte ich Mieter mit einem sicheren Einkommen, bei denen man im Allgemeinen auch davon ausgehen könnte, das sie die Wohnung pfleglich behandeln. Durch den Wechsel alle zwei oder drei Jahre wären auch Mieterhöhungen kein Problem. Soweit die Theorie – wie es dann wirklich kommt wird sich natürlich noch zeigen.

Renditeberechnung

Ausgehend von den konservativen 12,65€/m² bzw. 543 € für die Wohnung, ergibt sich folgende Vor-Steuer-Renditeberechnung:

Einnahmen:

Miete Wohnung 6.517 €
Miete Gewerbe 1.208 €
Summe 7.725 €

Ausgaben:

Verwaltung 360 €
Instandhaltung (Sondereigentum und Gemeinschaft) 210 €
Zinsen KFW 1.750  €
Zinsen 10J Annuität 675 €
Kalk. Mietausfall (3%) 232 €
Summe 3.227 €

Insgesamt:

Einnahmen 7.725 €
Ausgaben 3.227 €
Gewinn 4.499 €

An dieser Stelle noch ein paar Anmerkungen: Die Instandhaltungsrücklage ist eher niedrig angesetzt, aber für die ersten Jahre sollte es reichen. Später wird sie sicher steigen. Dann werden aber die Zinsen weniger und die Mieten werden steigen. Der kalkulatorische Mietausfall ist eher eine Art allgemeiner Puffer in der Rechnung. Denn in der momentanen Situation bin ich mir sicher, dass in dieser Lage Leerstand kein Thema ist. Tilgung ist hier keine berücksichtigt, weil Tilgung keine Kosten sind. Ich habe das Geld vorher erhalten, nachher geb ich es wieder zurück. Das ist ein Nullsummenspiel.

Gesamtkosten:

Baukosten (wie oben beschrieben) 154.098 €
Nebenkosten 833 €
Gesamt  154.931 €

Das ergibt eine Bruttorendite (Jahreseinnahmen / Gesamtkosten) von 5,0 %. Für einen Neubau im Zentrum von Tübingen nicht schlecht. Aber das klingt noch nicht nach einem Projekt mit richtig viel Wumms. Die Nettorendite (Jahresgewinn/Gesamtkosten) beträgt 2,9 %.

Eigenkapitalrendite

Die Eigenkapitalrendite ist kurz davor gegen unendlich zu gehen, wenn man die Zinszahlungen vor Fertigstellung nicht berücksichtigen würde.  Nach den Zahlen oben ist klar, dass mindestens 931 € Eigenkapital einsetzten werden.  Für die Zinsen vor Vermietung rechnen wir hier mit 2.500 € (ca. 70% der vollen Zinsen über 1,5 Jahre). Das ist sicherlich die obere Grenze dessen, was zu erwarten ist. Sehr grob überschlagen wird das eingesetzte Eigenkapital also bei ca 3.500 € liegen. Dazu kommt noch eine Einbauküche. Rechnet man hierfür nochmal 4.000 €, kommt man insgesamt auf 7.500 €
Ohne Küche wäre die Eigenkapitalrendite bei 129 % vor Steuern. Mit Küche sind es dann noch 60%. Das klingt doch gut. Klar ist: Die Rendite gibts fürs Risiko, nicht fürs eingesetzte Kapital.

Cashflow-Betrachtung

Bei der Cashflow-Betrachtung wird auch die Tilgung relevant. Zieht man vom Gewinn noch die Tilgung ab, ergibt sich ein positiver Cashflow von 13 € monatlich vor Steuer. Nach der Steuer würde die Rechnung wohl leicht negativ. So in etwa -40 € bis -50 € pro Monat.

Shooting for the Moon

Nachdem wir uns bisher sehr zurückgehalten und äußerst konservativ gerechnet haben, zum Schluss noch eine Rechnung mit etwas mehr „Schmackes“. Bei einer möblierten Vermietung kann ich mir vorstellen, dass tatsächlich 700€ Miete für die Wohnung erzielbar sind. 16,30 €/m² ist natürlich schon knackig, aber wenn in Reutlingen 14,50€/m² drin sind, dann erscheinen die 16,30 € für Tübingen nicht mehr so übertrieben. Das Gewerbe bleibt natürlich bei 100 €, das ist ja unsere soziale Verpflichtung.

Mit Einnahmen von rund 800 € und weiteren 6.000 € für Möbel ergibt sich dann zwar „nur noch“ eine Eigenkapitalrendite von 47% aber dafür steigt der Cashflow dann auf 165€ vor Steuer. Nach Steuer wären dass dann immerhin noch (ganz grob gerechnet) 70€ plus.

Wertentwicklung

Wenn wir schon gerade dabei sind, ein Best-Case-Szenario zu zeichnen, können wir auch noch kurz einen Blick auf die Wertentwicklung werfen. Vorhersagen, die die Zukunft betreffen sind bekanntlich mit Vorsicht zu genießen. Aber ein guter Indikator könnten Bauträgerpreise sein, für die momentan in Tübingen Wohnungen verkauft werden. In einer Lage, welche kaum besser sein dürfte als unsere, verkauft ein Bauträger Wohnungen für 4.000 bis 4.5000 €/m². Gehen wir hier nur mal vom niedrigsten Wert, also 4.000€ aus und rechnen zu unseren Zielkosten von knapp 2.900 € noch etwas Puffer dazu, dann wäre das noch immer ein instantaner Buchgewinn von 1.000€/m². Für meine Wohnung also knapp 43.000 €.

Einlösen werde ich das hauptsächlich wegen der Steuer wohl erstmal nicht. Dazu hätte ich auch bei der Finanzierung schon anders planen müssen. Eine Eigenkapitalrendite rechne ich dafür nicht mehr aus, denn solche Zahlen klingen einfach nicht mehr seriös.

Fazit

Konservativ gerechnet ist das ein Projekt, das man durchaus machen kann. Durch die kaum vorhandenen Nebenkosten ergibt sich eine traumhafte Eigenkapitalrendite und der Cashflow ist nach Steuer nur leicht negativ. Wenn das Gebäude erst mal zu den Zielkosten fertig gestellt ist, ist das Risiko sehr gering durch den großen „Einkaufsgewinn“ und die größtenteils lange Zinsbindung. Der Weg bis zur Fertigstellung ist aber noch ein ganzes Stück. Bis dahin ist das Risiko natürlich viel höher.

Aus heutiger Sicht und Einordnung

Für dieses Projekt habe ich mich in etwa zur gleichen Zeit entschieden, wie für mein erstes Objekt. Ich kann also nicht behaupten, seit meinem ersten Objekt bis zu dieser Entscheidung viel dazu gelernt zu haben. Trotzdem ist dieses Projekt im Vergleich zum ersten Objekt ein großer Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube wirklich, dass dies ein super Projekt ist. Mit alle dem was ich jetzt weiß, würde ich die Entscheidung wieder für dieses Projekt treffen.

Bis zur Fertigstellung Ende 2018 bleibt es natürlich noch spanend und es werden sicher noch ein paar Artikel über dieses Projekt folgen.

Fußnoten

  1. Ein Deal ohne Makler hat natürlich viel geringere Kaufnebenkosten. Aber lieber ein guter Deal mit Makler als kein Deal ohne Makler. Hat man das Glück, einen guten Makler gefunden zu haben, der einen mit vielen interessanten Deals versorgt ist das sicher viel Wert. Ein Makler, dessen Dienstleistung sich im wesentlichen auf das Einstellen von ein paar Bildern bei Immo-Scout beschränkt, ist dann eher das notwendige Übel.
  2. Das muss das Finanzamt natürlich auch so sehen, aber da gab es bisher noch keine Probleme in Tübingen. Es gibt die Bauherrengemeinschaft auch als reines Steuersparmodell, wo es die Hauptaufgabe der Bauherren ist, anzustoßen und Sekt zu trinken. Da kann das Finanzamt dann schon mal Probleme machen. Aber da wir eine echte Baugruppe sind, erwarte ich hier keine Probleme.
  3. Teil des Kredits, den die Bank als ungesichert ansieht und der damit voll auf die Bonität des Kunden geht.

Mehr davon?

8 thoughts on “Mein Objekt Nummer 2: Bauen in der Bauherrengemeinschaft”

  1. Wow, danke für die detaillierte Offenlegung! Wusste gar nicht, dass es ohne Bauträger geht. Bei mir ums Eck wurde ein vergleichbarer Neubau für 240k angeboten. Aktuell habe ich den Immobilienwunsch erst mal begraben, weil mir die Preise zu hoch sind.

  2. Mit dem Modell habe ich mich bisher noch nicht zu tun gehabt, aber die Idee finde ich sehr interessant.
    Mir drängt sich die Frage auf, wie der Projektsteuerer honoriert wird und wie hoch in deinem Fall die Ersparnis im Vergleich zum Bauträger ist. Der Bauträger wird sich eine ordentliche Gewinnmarge in den Verkaufspreis einrechnen, ist aber gleichzeitig auch bei der Gewährleistung in der Pflicht. Wie handhabt ihr das? Oder kümmert sich um die Themen auch der Projektsteuerer?

    BG
    Yanneck-Morten Bliesmer

  3. Hallo Pascal,

    wirklich ein toller und umfangreicher Einblick in deine Gedanken und Vorgehensweise. Für mich extrem aufschlussreich und lehrreich für die Zukunft, da ich selbst auch ab nächstes Jahr vor habe mich intensiver mit dem Thema Immobilien auseinanderzusetzen.
    Ich kann nur einen Daumen nach oben geben und sagen „Weiter so“.

    Beste Grüße
    Daniel

  4. Schön hier mal wieder was neues zu lesen.

    Bauherrengemeinischaften sind nicht so mein Ding. Ich sitze natürlich auch nicht in so einer Hochpreisregion wie Du.

    Deine Rendite ist bei diesem Objekt ein wenig besser als beim ersten, dafür ist das Risiko auch höher, denn schließlich bist du selber Bauherr und trägst die volle Kostenverantwortung.
    Wird der Bau teurer, muss die Gemeinschaft nachschießen. Kann ein Teil der Gemeinschaft seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, müssen die anderen hierfür eintreten. Ob sich eure Planung als tragfähig erweist, wird sich erst Ende 2018 zeigen auch dies ist ein zusätzlicher Risikofaktor.
    Schau deinem Projetsteuerer, Architekten und Handwerkern genau auf die Finger. Lass dir alles was du nicht verstehst von diesen genau erklären ohne ihnen jedoch in ihre Arbeit reinzureden. Das gibt ihnen das Gefühl kontolliert zu werden, was oft zu einer gewissenhafteren Arbeit führt und am Ende Kosten und Ärger sparen kann.

    Ich glaube du hast mit der Wahl der Wohnung was die Mietrendite betrifft die richtige Entscheidung getroffen. Ich persönlich fände das Gewerbe im EG als Anlage aber auch sehr intressant. Warum?

    – Das Gewerbe wollte keiner haben, da die Pacht anfänglich gering ist. Dies bedeutet vermutlich, dass sich hierfür ein noch beserer Preis/m2 bei Gesamtübernahme des EGs aushandeln ließe als die z.Zt. angesetzten 2.622€.
    – Die Pacht ist sicher. Lehrstand wird es nicht geben. Ein sozialer Träger ist fast so gut wie ein staatlicher Mieter. Die Pacht wird pünklich gezahlt werden und Ärger wird es auch keinen geben.
    – Bei Gewerbe sind Instandhaltungsklauseln nach „Dach und Fach“ nicht unüblich. Dies bedeutet, dass der Pächter alle Instandhaltungen, die nicht die Gebäudehülle betreffen selber trägt. Dies senkt das Instandhaltungsrisiko auf fast Null.
    – Nach Ablauf des Pachtvertrages ( hier lieber 10 als 15 Jahre vereinbaren) kann diese zum Marktpreis verpachtet oder verkauft werden. Dies sollte einen kräftigen Renditesprung bewirken, gerade auch mit Bick auf den „quersubventionierten“ Erstellungspreis.

    1. Stefan,

      vielen Dank für Deine interessanten Gedanken!

      Wenn wir mit der Planung auch nur halbwegs richtig liegen, wird die Rendite nicht nur „ein wenig“ besser sein als beim ersten Projekt 😉 Aber klar, das Risiko ist auch höher. Die Sache mit den insolventen Bauherren ist ein recht theoretisches Szenario. Hauptsächlich, weil es so viele Interessenten gibt, dass ein insolventer Bauherr sich jederzeit von einem Interessenten raus kaufen lassen könnte. Vermutlich sogar mit gutem Gewinn. Etwas weniger relevant, aber auch gut: Wir begrenzen die Haftung eines einzelnen Gesellschafters auf seinen Anteil, in (fast) allen Verträgen, die wir schließen. Die Handwerker machen da gerne mit, weil sie Baugemeinschaften als faire Vertragspartner schätzen (im Gegensatz zu so manchem Bauträger).

      Was den Punkt der Kontrolle angeht: Ja ich und durchaus noch ein zwei andere Bauherren sind sehr wach und schauen, dass wir alles verstehen oder erklärt bekommen.

      Die Idee mit dem Gewerbe kam mir auch schon. Aber da hab ich mich noch nicht fit und erfahren genug gefühlt. Außerdem ist es für Gewerbe wohl viel schwieriger eine Finanzierung zu bekommen. Aber ja, die Idee ist durchaus charmant.

  5. Vielen Dank für Eure Kommentare,

    jetzt komme ich endlich dazu Euch zu antworten:

    Yanneck-Morten, der Projektsteuerer wird natürlich auch gut bezahlt, mit dem Fortschritt des Projekts. Das Honorar ist eine Festgröße, die sich an der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) orientiert. Nur Sonderaufgaben kommen noch oben drauf.

    Gewährleistungsansprüche haben wir natürlich auch gegenüber den einzelnen Handwerkern, aber das ist natürlich nicht so komfortabel, wie wenn es nur den einen Bauträger als Ansprechpartner gibt. Hier kämen natürlich noch Extra-Kosten drauf für den WEG-Verwalter.

    Einen Hinweis darauf, wie hoch die Ersparnis sein könnte, kannst Du Dir denken, wenn Du im Abschnitt „Wertentwicklung“ liest. Ich habe auch eine neue Zahl. Gemäß einem Zeitungsartikel aus der Lokalpresse ist der durchschnittliche (!) Neubaupreis mittlerweile bei 4.600 € /m². Zur Erinnerung: Meine Zielkosten sind bei 2.900 €/m². Mal schauen wies wirklich kommt 🙂

  6. Das nenne ich mal mal einen ausführlichen Artikel.

    Vielen Dank für diesen tiefen Einblick in das Projejt und deinen Gedankengang dahinter.

    Mit dem Thema Bauherrengemeinschaft habe ich mich bisher noch gar nicht großartig beschäftigt. Hört sich aber sehr interessant an.

    Aber auch nach sehr viel Einarbeitungsarbeit. Wie lange hast du gebraucht, um dich mit dem projejt sicher zu fühlen?

    Ich bin mal gespannt in wie weit deine Annahmen später zutreffen. Ich drücke dir aber die Daumen ?

    Beste Grüße

    Björn

  7. Vielen Dank für den tollen Artikel. Auf diversen Blogs geht es oft nur darum, warum man sein Geld lieber anlegen anstatt in Immobilien investieren soll.

    Das aber sehr viele Leute sehr gutes Geld mit Immobilien verdienen wird da oft gerne ausgeblendet.

    Umso besser gefällt es mir, dass jemand mal aus der Praxis berichtet und wie / wieso er Geld in Immobilien investiert.

    Jeder sollte dabei seinen eigenen Wohlfühlbereich einschätzen und bei beiden Fällen gilt, dass man VORHER seine Hausaufgaben zu machen hat.

    Für das Immobilien Investment hast du die Motivation und den Prozess hier sehr schön aufgezeigt, wobei die Gemeinschaft schon ein sehr spezieller Fall und nicht für jeden geeignet ist 🙂

    Dir viel Erfolg mit der Wohnung!

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