Wind auf die Mühlen der Bürokratie

Die Mühlen der Bürokratie mahlen langsam. Schnell fühlt man sich als Opfer unmotivierter Beamten. An zwei Beispielen möchte ich aufzeigen, dass, wenn man sich selbst für den gesamten Prozess verantwortlich fühlt, man durchaus Abläufe enorm beschleunigen kann. So hat meine Frau ihr Visum statt in 5 bis 8 Wochen in wenigen Tagen erhalten. Und auch eine Eigentumsumschreibung kann beschleunigt werden.

Visum zum Ehegattennachzug in wenigen Tagen

Meine Frau kommt aus Russland. Im Mai haben wir standesamtlich in Moskau geheiratet. Im Juli haben wir kirchlich geheiratet. Wir haben extra ein wenig mehr Zeit eingeplant, damit sie genügend Zeit hat, das Visum zu bekommen. Allerdings wäre es für die Vorbereitung ja schon schön, wenn sie nicht erst ein oder zwei Wochen vor der Hochzeit ankommt. Außerdem waren wir ehrlich gesagt hinterher ein wenig unsicher, ob unser Zeitplan wirklich so aufgehen wird, insbesondere auch weil die Ausländerämter in Deutschland ja zur Zeit nicht gerade unterbeschäftigt sind. Und eine Hochzeit ohne Braut ist ja wirklich nicht so super. Wir wollten den Vorgang also beschleunigen.

Analyse des Vorgangs

Als erstes mussten wir also verstehen, warum das ganze so lange dauert. Die Botschaft in Moskau muss bei der zuständigen Ausländerbehörde in Deutschland anfragen, ob Gründe gegen die Genehmigung sprechen. Das könnten zum Beispiel Vorstrafen oder Ähnliches sein. Also eigentlich reine Formsache. Ich konnte mir schon vorstellen, dass das ein paar Tage dauert, aber mehrere Wochen? Nach einigen Telefonaten mit der Ausländerbehörde sowie mit der Botschaft in Moskau hatten wir das Nadelöhr gefunden. Die Botschaft schickt ihre Anfrage per Schneckenpost zur Ausländerbehörde nach Deutschland. Und zwar nicht per Express. Und aus eigener Erfahrung wussten wir, dass die Brieflaufzeit hier problemlos bei vier oder fünf Wochen liegen kann. Der größte Teil der Antragszeit liegt also in der Brieflaufzeit von Moskau nach Deutschland. Der Rückweg, also die Nachricht, dass alles in Ordnung ist, geht elektronisch.

Die Beschleunigung

Wir haben von einer sehr, sehr freundlichen Beamtin im Ausländeramt den Tipp bekommen, dass die Botschaft die Sachen doch elektronisch schicken soll. Also haben wir bei der Botschaft angefragt, ob das möglich wäre. Die Botschaftsmitarbeiter waren von der Idee aber mäßig begeistert und meinten, dass sie so etwas nur machen könnten, wenn die Ausländerbehörde in Deutschland das anfragt. Immerhin haben wir die E-Mail-Adresse von den Botschaftsmitarbeitern bekommen, bei der die deutsche Behörde anfragen soll.

Ungeschickter Weise war die sehr freundliche Beamtin im Ausländeramt leider nicht für uns zuständig. In der zuständigen Behörde hatte man von so etwas noch nie gehört. Letzten Endes konnten wir die Beamtin aber davon überzeugen, es einfach mal zu versuchen und die E-Mail mit der Bitte, die Anfrage elektronisch zu verschicken, für uns nach Moskau abzusenden.

Das schnelle Ende

All das hatten wir schon Monate vorab gemacht. Als es soweit war, ging meine Frau mit den vollständigen Dokumenten zur Botschaft. Am nächsten morgen haben wir die Beamtin in Deutschland über die Verfahrensnummer informiert. Noch am gleichen Tag hat die Ausländerbehörde die E-Mail geschrieben, die Anfrage erhalten und sogar schon bearbeitet. Zwei oder drei Tage später kam von der Botschaft die Nachricht, dass das Visum abgeholt werden kann.

Auf diese Weise konnten wir ein Verfahren, welches mindestens vier bis sechs Wochen hätte dauern sollen, auf unter eine Woche beschleunigen.

Eigentumsumschreibung

Meine Frau und ich haben kürzlich eine Wohnung gekauft. Zumindest der Kaufvertrag ist unterschrieben. Was jetzt noch fehlt ist die Fälligstellung1 durch den Notar und nach Bezahlung die Eintragung ins Grundbuch. Bei dem jetzt zuständigen Grundbuchamt würde die Eintragung nach Mitteilung durch den Notar ungefähr eine Woche dauern, hat uns die freundliche Mitarbeiterin dort mitgeteilt. Allerdings wechselt nächsten Monat aufgrund der anstehenden Zentralisierung die Zuständigkeit. Das dann zuständige Grundbuchamt wird aber voraussichtlich Monate brauchen, weil durch die ganzen anstehenden Umstellungen dort gerade extrem viel los ist.

Für uns bedeutet das also: Entweder diesen Monat, oder noch lange warten. Eine Nachfrage beim Notar ergab, dass es momentan noch das Löschungsversprechen2 der Bank des Verkäufers sowie die Verwalterzustimmung3 fehlt. Außerdem haben wir noch keinen Grunderwerbssteuerbescheid bekommen. Und ohne dass wir die Grunderwerbssteuer bezahlt hätten, gibt es auch keine Eigentumsumschreibung.

Die Beschleunigung

Damit wir überhaupt eine Chance haben, alles noch diesen Monat abzuschließen, müssen zwei Dinge gleichzeitig erfolgen. Die Zahlungsvoraussetzungen müssen geschaffen werden und die Grundsteuer muss bezahlt werden. Was die Zahlungsvoraussetzungen angeht, können wir selbst wenig tun, da der Geschäftspartner der jeweiligen Akteure (Bank und Verwalter) ja der Verkäufer ist. Glücklicherweise ist es ja auch im Interesse des Verkäufers, dass die Zahlung bald erfolgt. Daher haben wir Kontakt zum Verkäufer aufgenommen und ihn gebeten zu versuchen, ob hier etwas beschleunigt werden kann.

Die Zahlung der Grunderwerbssteuer können wir ja erst vornehmen, wenn das Finanzamt diese eingefordert hat. Ein Anruf beim zuständigen Finanzamt ergab, dass dort gerade die Kaufverträge von August letzten Jahres bearbeitet werden. Es braucht also nicht viel Phantasie sich vorzustellen, dass unser Kaufvertrag nicht so schnell an der Reihe wäre.

Der freundliche Beamte war aber gerne bereit unseren Vertrag vorzuziehen. Hier kommt die Beschleunigung also daher, dass wir eine Schlange abgekürzt haben. Das Schöne hierbei ist, dass es am Ende der Schlange kein Eis, sondern eine nicht zu knappe Rechnung zu bezahlen gibt, sodass die meisten, an denen wir uns jetzt „vorbei gedrängelt“ haben, sicherlich nicht böse sein dürften, wenn sie jetzt erst einen Tick später bezahlen müssen.

Ob es am Ende ausreicht, ist jetzt noch ungewiss, aber ich bin mir sicher, dass es der Versuch Wert ist.

Fazit

Was kann man aus beiden Geschichten mitnehmen? Glück gehabt, an die richtigen Beamten geraten zu sein? Teilweise sicherlich ja, aber nicht nur. Folgende Punkte nehme ich für mich für die Zukunft mit:

  • Sich selbst für den gesamten Prozess verantwortlich fühlen. Man sollte sich selbst nicht als jemanden sehen, der in den Mühlen der Bürokratie verarbeitet wird, sondern als Verantwortlichen, der den gesamten Prozess koordiniert.
  • Früh genug anfangen und dabei versuchen, den gesamten Prozess zu verstehen. Viele Abläufe lassen sich parallelisieren oder einfach schon früher anstoßen, wenn man denn weiß, dass sie angestoßen werden müssen.
  • Mehrere Stellen anfragen. Auch von Auskünften von Beamten, die den Job schon seit 30 Jahren machen und „so etwas“ noch nie gesehen haben, darf man sich nicht entmutigen lassen. Wenn es wirklich dringend ist, kann man auch beispielsweise auf Grund des Wohnorts nicht zuständige Stellen anfragen, um mehr über den Prozess zu lernen. Beispielsweise kann es sich lohnen, Informationen zu Ausländerprozessen auf einem Standesamt in einer größeren Stadt, anstelle des kleinen, aber zuständigen Amts auf dem Dorf anzufragen.
  • Ich-Botschaften senden. Anstatt dem Staatsdiener gegenüber auf bürgerliche Rechte zu pochen, die eigene Situation etwas emotional schildern und um Hilfe bitten.
  • Bei alledem sollte man es aber nicht übertreiben. Ich denke, es zahlt sich aus immer ehrlich zu bleiben und bei den Gegenstellen auch nicht mehr Wind zu verursachen als nötig. Nicht jedes Verfahren muss beschleunigt werden, nur weil es (wahrscheinlich) geht.

Habt Ihr schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Konnten ihr für Euch wichtige Prozesse beschleunigen? Was habt Ihr dabei gelernt, dass auch anderen helfen könnte?

Fußnoten

  1. Der Kaufpreis darf erst gezahlt werden, wenn der Notar festgestellt hat, dass alle Voraussetzungen erfüllt sind.
  2. Die Bank des Verkäufers muss erklären, dass sie der Löschung „ihrer“ Grundschulden im Grundbuch zustimmt, sobald sie das noch ausstehnde Geld (vom Käufer) erhalten hat.
  3. Bei manchen Objekten gibt es eine Regelung, dass der Hausverwalter einem Kauf zustimmen muss.

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